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Makrofotografie: Fotografie im Nahbereich
Für die Fotografie im Nahbereich sind Kameras mit Standardobjektiven nur schlecht gerüstet. Man kommt mit ihnen schlicht nicht nah genug an kleine Fotoobjekte heran, um sie formatfüllend abzubilden. Mit entsprechendem Zubehör kann man jedoch jede handelsübliche Spiegelreflexkamera zu einer Spezialkamera für Makroaufnahmen verwandeln. Neben den auf unserer Seite Objektive schon beschriebenen Makroobjektiven gibt es eine Reihe weiterer Möglichkeiten, um Fotografie im Nahbereich zu betreiben.
Auf dieser Seite stellen wir Ihnen mehrere Möglichkeiten vor, um mit einem Normalobjektiv oder Zoomobjektiv Makroaufnahmen zu machen. Gleich ob man Nahlinsen, Umkehrringe, Zwischenringe, Makroobjektive oder Balgengeräte verwendet: Die Fotografie im Nahbereich ist technisch anspruchsvoll. Ohne entsprechendes Know-How wird man nicht zu gelungenen Aufnahmen kommen. Insbesondere die Ausleuchtung des Fotomotivs ist ein wichtiger Faktor für ein gutes Foto. Weil im Nahbereich das natürliche Umgebungslicht regelmäßig nicht ausreichend ist, muss der Fotograf oft zu künstlichen Lichtquellen greifen; dazu stellen wir Ihnen einige speziell für den Makrobereich entwickelte Spezialblitzgeräte vor.
Nahlinsen - Geringer Preis, überschaubare Qualität
Der einfachste Einstieg in die Makrofotografie sind Nahlinsen, die man in das Filtergewinde eines vorhandenen Objektivs schraubt. Durch den Einsatz einer Nahlinse - manchmal auch als Vorsatzlinse bezeichnet - verringert sich die minimal erforderliche Entfernung zum Motiv. Das Motiv kann also dank Nahlinse größer abgebildet werden. Wie bei einer Brille misst man die Stärke einer Nahlinse in Dioptrien. Gängige Stärken sind beispielsweise +1,+2,+3 oder +4 Dioptrien. Je höher die Dioptrienzahl, desto näher kann man an das Motiv herangehen. Gleichzeitig kann das mit einer Nahlinse versehene Objektiv aber nicht mehr auf unendlich scharfstellen.
Wer also öfter zwischen Nah- und Fernbereich wechselt muss dabei jedesmal die Nahlinse auf- beziehungsweise abschrauben. Das ist lästig; wer ein Makroobjektiv hat, kann sich diese Arbeit sparen. Denn durch den langen Objektivtubus kann man mit einem Makroobjektiv durchgehend vom größten Abbildungsmaßstab bis unendlich fokussieren. Allerdings ist die Abbildungsleistung von Makroobjektiven im Nahbereich regelmäßig besser als im Fernbereich. Wer also Wert auf höchstmögliche Qualität legt, kommt also trotz Makroobjektiv um gelegentliche Objektivwechsel nicht herum.
Die Kombination mehrerer Nahlinsen ist möglich, denn sie lassen sich einfach übereinander schrauben. Allerdings ist hierbei zu bedenken, dass sich nicht nur die Stärke der kombinierten Nahlinsen, sondern auch deren Abbildungsfehler addieren. Der Hersteller B+W empfiehlt daher, maximal zwei Nahlinsen miteinander zu kombinieren. Ohnehin ist die mit Nahlinsen zu erzielende Abbildungsqualität eher als dürftig zu beurteilen. Um den starken Schärfeabfall zu den Bildecken hin zu verringern, sollte man in jedem Fall zumindest auf Blende 11 abblenden.
Nahlinsen haben aber auch Vorteile: Anders als Zwischenringe oder Balgengeräte verursachen sie keinen - zumindest keinen merklichen - Lichtverlust und Kamerafunktionen wie Autofokus und TTL-Belichtungsmessung funktionieren uneingeschränkt. Alternativ zu herkömmlichen Nahlinsen, die aus einer einzigen Linse bestehen, kann man auch achromatisch korrigierte Nahlinsen - kurz Achromaten - verwenden. Hierbei handelt es sich um zwei miteinander verkittete Nahlinsen, deren Abbildungsqualität höher ist als die einfacher Nahlinsen. Wenn Achromaten auf ein spezielles Objektiv abgestimmt sind, kann man damit eine gute Bildqualität erreichen. So gibt es beispielsweise Achromaten, die bei einem Makroobjektiv das von Haus aus nur den Abbildungsmaßstab 1:2 unterstützt, dieses für 1:1 Maßstäbe tauglich machen. Einfache Nahlinsen hingegen sind nicht auf ein spezielles Objektiv abgestimmt, womit gewisse Qualitätseinbußen automatisch einhergehen. Durch ihre unkomplizierte Handhabung eignen sich Nahlinsen dennoch gut, um mit begrenztem Budget in die Nahfotografie einzusteigen.
Hersteller |
Produkt |
Preis |
Hama |
Nahlinse + 4 55mm |
20 € |
Marumi |
Achromat DHG +3 55mm |
55 € |
An der obigen Tabelle erkennt man den Preisunterschied zwischen einer einfachen Nahlinse und einem Achromaten. Während die Nahlinse nur ein Linsenelement hat, besteht der Achromat aus zwei Linsen. Folglich sind Achromaten auch deutlich teurer als Nahlinsen.
Zwischenringe - Auszugsverlängerung ohne Linse
Zwischenringe setzt man zwischen Objektiv und Kamera, sie bewirken eine Auszugsverlängerung. Man kommt also mit Zwischenring näher an das Motiv, was zu größeren Abbildungsmaßstäben führt. Zwischenringe enthalten keinerlei optische Elemente, weswegen sie auf die Abbildungsqualität des verwendeten Objektivs - anders als beispielsweise Nahlinsen - keinerlei Einfluss haben. Man erwirbt Zwischenringe meist im Set, gängig ist beispielsweise ein Dreier-Set mit der Kombination 12/20/36 mm Auszugsverlängerung. Da man die einzelnen Ringe beliebig miteinander kombinieren kann, ist man hiermit sehr flexibel. Ein 50 mm Normalobjektiv erreicht beispielsweise erst mit der Kombination 12+36 mm Zwischenring einen Abbildungmaßstab von etwa 1:1.
Die Arbeit mit Zwischenringen kann umständlich sein, da man mit ihnen nur einen relativ geringen Bereich hat, in dem man scharfstellen kann. Dieser Effekt ist umso stärker ausgeprägt, je dicker der Zwischenring ist. Bei einem 36 mm Zwischenring an einem 50 mm Normalobjektiv ist es beispielsweise nur möglich, in einem Bereich zwischen 7,0 cm und 7,7 cm Abstand zum Motiv zu fokussieren. Damit verbleiben nicht einmal ein Zentimeter Spielraum um die Kamera zu positionieren. Bei der oben erwähnten Zwischenringkombination 12+36 mm sind es gerade einmal 5 Millimeter. Häufiges Umschrauben ist bei der Arbeit mit Zwischenringen also Standard, es lässt sich kaum vermeiden. Die Arbeit mit einem echten Makroobjektiv ist deutlich komfortabler, da sich hier stufenlos vom größten Abbildungsmaßstab (in der Regel 1:1) bis unendlich fokussieren lässt.
Manuelle Zwischenringe übertragen keinerlei Steuerungsfunktionen zwischen Objektiv und Kamera, für aktuelle Kameras sollte man daher die etwas teureren Automatikzwischenringe verwenden. Dann kann man auch Autofokus und Belichtungssteuerung im Nahbereich nutzen. Wie bei den Nahlinsen ist das Scharfstellen auf unendlich mit eingesetztem Zwischenring nicht mehr möglich. Ein unerwünschter aber unvermeidbarer Nebeneffekt von Zwischenringen ist der Verlust an Lichtstärke, sie reduzieren die Lichtmenge, die auf den Film/Sensor trifft. Bei modernen Kameras mit TTL-Messung regelt die Belichtungsautomatik das zwar sofort nach, aber es hat dennoch längere Verschlusszeiten zur Folge. Weil das Scharfstellen über das Objektiv nur noch in einem sehr geringen Bereich möglich ist, wird man regelmäßig die Kamera etwas vor beziehungsweise zurückbewegen müssen, bis man den Schärfebereich gefunden hat. Hierbei ist ein Stativ mit Einstellschlitten eine große Hilfe.
Um bestmögliche Abbildungsqualität zu erzielen, sollte man nach Möglichkeit gute Festbrennweiten mit Zwischenringen kombinieren. Auch und gerade weil der Zwischenring keinerlei Auswirkungen auf das optische System hat, verwandelt er natürlich kein für normale Abbildungsmaßstäbe gerechnetes Objektiv in eine vollwertige Alternative zu einem speziell für die Makrofotografie gerechneten Objektiv. Theoretisch kann man beliebig viele Zwischenringe hintereinander setzen. In der Praxis liegt die Grenze für den sinnvollen Einsatz etwa bei einer Auszugsverlängerung von 68 mm (12+20+36 mm). Die erzielbaren Abbildungsmaßstäbe mit einem solchen Zwischenringset in Verbindung mit einem Normalobjektiv liegen zwischen 1:4 und 1,5:1. Anders als Nahlinsen eignen sich Zwischenringe also um in den Bereich der echten Makrofotografie vorzudringen.
Zwischenring |
Distanzeinstellung Objektiv |
Abbildungsmaßstab |
Objektgröße |
Aufnahmeabstand |
12 mm |
unendlich |
1 : 4,17 |
10,0 x 15,0 cm |
21,0 cm |
12 mm |
0,5 Meter |
1 : 4,0 |
6,9 x 10,3 cm |
16,0 cm |
20 mm |
unendlich |
1 : 2,5 |
6,0 x 9,0 cm |
13,0 cm |
20 mm |
0,5 Meter |
1 : 1,96 |
4,7 x 7,0 cm |
14,0 cm |
36 mm |
unendlich |
1 : 1,39 |
3,3 x 5,0 cm |
7,7 cm |
36 mm |
0,5 Meter |
1 : 1,2 |
2,9 x 4,4 cm |
7,0 cm |
Wie an der obigen Tabelle ersichtlich, braucht man für große Abbildungsmaßstäbe relativ dicke Zwischenringe. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass sich gleichzeitig der Aufnahmeabstand verringert. Auch steht durch die Auszugsverlängerung per Zwischenring effektiv weniger Licht bei der Aufnahme zur Verfügung, das Sucherbild wird merklich dunkler. Je dicker der Zwischenring, desto stärker ist die Abdunklung.
Hersteller |
Produkt |
Bemerkung |
Preis |
Kenko |
Automatik-Zwischenringsatz 12+20+36 mm |
Springblende, TTL, AF |
190 € |
No-Name |
Zwischenringsatz 12+20+36 mm |
nur manuell |
25 € |
Wie man an der obigen Tabelle sieht, sind automatische Zwischenringe erheblich teurer als manuelle Zwischenringe. Grund: Während ein manueller Zwischenring ein einfacher Distanzring ist, überträgt der Automatikring diverse Steuerungsfunktionen zwischen Objektiv und Kamera. Mit Automatikringen kann man daher wesentlich komfortabler arbeiten.
Umkehrringe - Objektive in Retrostellung
Umkehrringe funktionieren ähnlich wie Zwischenringe. Allerdings wird nicht nur ein Ring zwischen Objektiv und Kameragehäuse eingefügt, das Objektiv wird zusätzlich noch umgedreht. Diese sogenannte Retrostellung hat regelmäßig den Verlust aller Kamerasteuerungsfunktionen zur Folgen, denn die hintere Linse - also dort wo das Bajonett am Objektiv sitzt - zeigt dann zum Motiv. Es gibt jedoch beispielsweise für das Canon EOS-System von Novoflex einen Umkehrring, der sämtliche Steuerungsfunktionen in der Retrostellung auf elektronischem Wege überträgt (siehe nachfolgende Abbildung). Dieses Produkt ist jedoch auch deutlich teurer als herkömmliche Umkehrringe.
Für die Retrostellung eignen sich insbesondere Weitwinkelobjektive. Mit einem 35 mm Objektiv kann man schon einen Abbildungsmaßstab von 1:1 erreichen. Größere Abbildungsmaßstäbe sind mit noch weitwinkligeren Objektiven möglich. Da man mit einem umgedrehten Objektiv in aller Regel - Ausnahme siehe oben - weder automatisch scharfstellen noch Belichtungsautomatiken nutzen kann, gestaltet sich die Arbeit mit Umkehrringen mühsam. Die komfortable Offenblendmessung ist dann ebenfalls nicht möglich. Trotz dieses schwierigen Handlings kommen Umkehrringe oft zum Einsatz. Im Nahbereich ist die Abbildungsqualität von Objektiven in Retrostellung der Abbildungsqualität von Objektiven in Normalposition nämlich regelmäßig überlegen.
Außerdem haben Umkehrringe gegenüber Balgengeräten und Zwischenringen einen weiteren großen Vorteil: Der Fotograf kann auch bei einem großen Abbildungsmaßstab noch mit einer höheren Lichtstärke arbeiten. Balgengeräte und Zwischenringe arbeiten nämlich mit Auszugsverlängerungen. Und je stärker diese ist, desto weniger Licht steht dann auf Film- oder Sensoroberfläche zur Verfügung. Bei einem Umkehrring tritt dieser Effekt nicht auf, denn das Objektiv wird einfach nur umgedreht. In der Praxis werden Umkehrringe in der Regel in Verbindung mit Balgengeräten eingesetzt. Mit dieser Kombination kann der Fotograf den gewünschten Abbildungsmaßstab relativ einfach einstellen.
Hersteller |
Produkt |
Bemerkung |
Preis |
Novoflex |
EOS-RETRO |
überträgt sämtliche Steuerungsfunktionen |
300 € |
Pro Quenox |
Retroadapter für Canon |
überträgt keine Steuerungsfunktion |
20 € |
Wie die obige Tabelle zeigt, ist ein einfacher Umkehrring recht preiswert. Will man auch die Steuerungsfunktionen des Objektiv in der Retrostellung erhalten, wird es deutlich teurer. So kostet der Retroadapter mit Übertragung der Steuerungsfunktionen immerhin fünfzehn mal soviel, wie ein einfacher Retroadapter.
Balgengeräte - Volle Flexibilität im Nahbereich
Wie Zwischenringe bewirken auch Balgengeräte eine Auszugsverlängerung, allerdings ist diese beim Balgengerät stufenlos verstellbar. Ein mühsames Wechseln wie bei den Zwischenringen entfällt also. Der Balgen ist ein lichtdichter Schacht, der Objektiv und Kameragehäuse miteinander verbindet. Ähnlich einer Ziehharmonika schützt lichtdicht beschichteter Stoff den Balgen vor Lichteinfall.
Normalobjektive und Weitwinkelobjektive setzt man häufig mit einem Umkehrring vor den Balgen. Diese so genannte Retrostellung steigert die Abbildungsqualität im Nahbereich. Alternativ kann man Makroobjektive verwenden oder auch spezielle Objektive für Vergrößerer. Da sich die vorderen und hintere Ebene des Balgengerätes - wenn auch nicht bei allen Modellen - grundsätzlich getrennt voneinander verstellen lässt, kann man mit einem Balgengerät auch die Schärfentiefe gemäß der Scheimpflug'schen Regel verschieben. Dieses Feature, das auch in Tilt-und-Shiftobjektiven zum Einsatz kommt, hilft im Nahbereich die Schärfentiefe manuell zu positionieren, was mit herkömmlichen Auszügen nicht möglich ist.
Während bei einem konventionellen Objektiv Bildebene, Objektivebene und Schärfeebene zwingend parallel verlaufen, kann man mit einem shiftfähigen Balgen die Schärfeebene verschieben. Dieser Effekt wurde erstmals von Theodor Scheimpflug beschrieben, nach ihm ist die Scheimpflug'sche Regel benannt. Allerdings ist zu beachten, dass man die Schärfentiefe nicht durch Scheimpflug erweitert werden kann kann. Man kann nur die Schärfenebene verschieben, was aber ebenfalls sehr nützlich ist. Beispiel: Wenn man flache Objekte - wie beispielsweise eine Hauswand die man von unten fotografiert - schräg abbildet, kann man per Shift die Schärfenebene parallel zur Hauswand ausrichten und hat damit ein durchgehend scharfes Bild.
Ähnlich wie bei Zwischen- und Umkehrringen ist die Übertragung von Belichtungs- und Objektivsteuerung schwierig. Das gilt insbesondere dann, wenn dies mechanisch erfolgt. Besser ist es, wenn diese Parameter - wie bei modernen Kameras üblich - auf elektronischem Wege übermittelt werden. Einfache Balgengeräte übertragen weder Steuerungsfunktionen noch sind diese shiftfähig. Diese Funktionen sind regelmäßig teureren Produkten vorbehalten.
Alles in allem sind Balgengeräte - vor allem in Verbindung mit hochwertigen Objektiven für den Nahbereich - die erste Wahl bei qualitätsbewussten Anwendern. Mit dem Balgen sind auch extreme Abbildungsmaßstäbe von 1:1 bis hin zu 10:1 möglich. Mit keinem anderen Gerät oder Objektiv hat man diese Flexibilität im Nahbereich. Anders als Zwischenringe oder gar Nahlinsen, eignen sich Balgengeräte auch für den professionellen Einsatz. Den hohen Preis und die systembedingte Unhandlichkeit des Balgengeräts muss man dabei aber auch in Kauf nehmen. Wenn man mit Abbildungsmaßstäben von 1:1 zufrieden ist und auf Scheimpflug verzichten kann, findet man in Makroobjektiven eine komfortable Alternative zum Balgengerät.
Hersteller |
Produkt |
Bemerkung |
Preis |
Novoflex |
BALPRO T/S |
Tilt+Shift-fähig |
800 € |
Novoflex |
BALCAN-AF |
überträgt Springblende und Offenblendmessung |
550 € |
Novoflex |
BALPRO 1 |
einfaches Balgengerät |
330 € |
Wie die obige Tabelle zeigt, sind Shiftfähigkeit und Offenblendmessung nur mit teureren Balgengeräten möglich. Einfache Balgen können weder das Eine, noch das Andere. Dafür sind die aber auch deutlich billiger in der Anschaffung.
Lupenobjektive - Größer als die Wirklichkeit (Mikrofotografie)
Makroobjektive ohne weitere Hilfsmittel wie beispielsweise Balgen erreichen regelmäßig einen Abbildungsmaßstab von 1:1. Die Größe des Fotomotivs wird also auf dem Film exakt so groß abgebildet, wie die in der Realität ist. Wer das Motiv größer auf dem Film abbilden möchte, braucht ein Lupenobjektiv.
Diese sehr großen Abbildungsmaßstäbe rechnet man dann aber nicht mehr der Makrofotografie sondern der Mikrofotografie zu. In der Mikrofotografie vergrößert man das Motiv, womit man extreme Abbildungsmaßstäbe wie beispielsweise 5:1 erreichen kann.
Lupenobjektive sind absolute Exoten und werden heute kaum noch gebaut. Selbst ein großer Hersteller wie Nikon hat keine Lupenobjektive mehr im Programm. Das Angebot an zeitgemäßen Lupenobjektiven, die man direkt an das Bajonett einer aktuellen Spiegelreflexkameras anschließen kann, beschränkt sich nach heutigem Stand (09.09.2009) auf das Canon MP-E 65mm 1:2.8 1-5x Macro Photo. Es gibt also sage und schreibe ein einziges Objektiv auf dem Markt, das in diese Kategorie fällt.
Klassische Lupenobjektive, wie beispielsweise die Leitz Photare schließt man nicht direkt an die Kamera, sondern über Adapter an Balgengeräte an. Die Fotografie im Ultra-Nahbereich, die Lupenobjektive ermöglichen, ist technisch sehr anspruchsvoll. Zwischen Frontlinse und Fotomotiv liegen oft nur wenige Millimeter. Entsprechend schwierig ist die Ausleuchtung des Motivs, zumal man hier in aller Regel nicht mit dem Umgebungslicht auskommt. Die Tiefenschärfe ist teilweise nur noch in Zehntelmillimetern zu messen.
Als Alternative zu Lupenobjektiven sind Weitwinkelobjektive in Retrostellung zu nennen. Bei diesen hat man auch etwas mehr Platz zwischen Fotomotiv und Frontlinse, als das bei Lupenobjektiven der Fall ist. Für extreme Vergrößerungen wird man aber dennoch auf ein spezielles Lupenobjektiv zurückgreifen müssen.
Objektiv |
Abbildungsmaßstäbe |
Kürzeste Entfernung Frontlinse |
Leica Photar 1:4/50 mm |
1,1:1 bis 3,1:1 |
5,9 cm |
Leica Photar 1:2/25 mm |
3,1:1 bis 6,9:1 |
1,7 cm |
Leica Photar 1:2,4 / 12,5 mm |
7,5:1 bis 15,5:1 |
0,7 cm |
Lupenobjektive wie die Photare von Leica ermöglichen starke Vergrößerungen bis etwa 15:1. Allerdings schrumpft bei starker Vergrößerung der Abstand vom Fotomotiv zur Frontlinse stark, bis das Objektiv buchstäblich fast das Motiv berührt. Für Fotos von Lebewesen sind Lupenobjetive daher eher ungeeignet, die korrekte Fokussierung ist bei diesen Abbildungsmaßstäben eine Geduldsprobe.
Sucherkameras - Exoten in der Makrofotografie
Wenn von Makrofotografie die Rede ist, geht es in aller Regel um die Fotografie mit Spiegelreflexkameras. Sucherkameras spielen hier - anders als in der allgemeinen Fotografie - nur eine untergeordnete Rolle. Es fragt sich nur warum, denn Sucherkameras haben einige konstruktive Vorteile gegenüber Spiegelreflexkameras. Zum einen kann man Sucherkameras wesentlich kompakter konstruieren, weil ihnen im Vergleich zu Spiegelreflex der Spiegelkasten fehlt. Man muss also schlicht weniger Masse bewegen. Außerdem haben sie mangels Spiegel auch keinen Spiegelschlag. Die Gefahr zu verwackeln ist damit geringer, was speziell im Makrobereich vorteilhaft ist. Für die Leica M-Reihe gibt es spezielle Balgen und auch Makroobjektive, an teurem Equipment für Makrofotografie mit Messsucherkameras mangelt es also nicht.
Durchsetzen konnte sich das Messsucherprinzip in der Nahfotografie aber dennoch nicht und dafür gibt es ebenfalls gute Gründe. Anders als bei der Spiegelreflexkamera stimmt bei der Sucherkamera das Sucherbild mit dem aufgenommenen Bild nicht unbedingt überein. Sucher und Objektiv sind hier zwei getrennte Einheiten. Das führt unweigerlich zu Abweichungen zwischen Sucherbild und späterer Aufnahme. Dies bezeichnet man auch als Parallaxenverschiebung. Auch wenn die Ingenieure bei der Kamerakonstruktion diesem Punkt besondere Aufmerksamkeit widmen ist ein brauchbarer Parallaxenausgleich im extremen Nahbereich bis heute nicht möglich.
Bei Sucherkameras mit Wechselobjektiven wird im Sucher ein Leuchtrahmen eingeblendet, der den aktuellen Bildausschnitt anzeigt. Das Sucherbild selbst bleibt also bei den unterschiedlichen Brennweiten gleich. Das funktioniert zumindest bei gängigen Brennweiten; für exotische Objektive muss man einen zusätzlichen Aufstecksucher auf die Kamera setzen. Von der Präzision einer Spiegelreflexkamera, wo der Fotograf immer direkt durch das Objektiv schaut, also die gleiche Perspektive hat wie die Kamera, ist das Messsucherprinzip weit entfernt. Auch in der Genauigkeit der Fokussierung ist das Spiegelreflexsystem überlegen. Hier kann man direkt im Sucher sehen, wo der Fokuspunkt liegt und zwar über die gesamte Bildfläche. Bei Sucherkameras braucht man dafür Hilfsmittel wie Mischbild-Entfernungsmesser oder Schnittbild, die nur unter bestimmten Voraussetzungen eine saubere Fokussierung ermöglichen.
Alles in allem - dafür gibt es einige Fotobeweise - kann man zwar auch mit einer Messsucherkamera zu guten Makroaufnahmen gelangen, aber es ist ein recht umständliches Unterfangen. Echte Makrofotografie, also große Abbildungsmaßstäbe wie beispielsweise 1:1, sind und bleiben eine Domäne der Spiegelreflexkameras.
Wissenswertes zur Fotografie im Nahbereich
Die technische Weiterentwicklung hat dafür gesorgt, dass Spiegelreflexkameras inzwischen weitgehend problemlos zu bedienen sind. Spätestens seit Beginn der 90er Jahre ist es jedem normalbegabten Anwender möglich, mit einer Spiegelreflexkamera zumindest brauchbare Schnappschüsse abzuliefern. Wer sich hingegen der Makro- oder gar der Mikrofotografie verschreibt, kommt nicht herum, sich mit den verschiedenen technischen Aspekten der Fotografie näher auseinanderzusetzen. Im Nahbereich es ein gelungener Schnappschuss schwierig bis unmöglich. Gute Nahbilder verlangen eine entsprechende Vorbereitung.
Komfortfeatures wie Autofokus und automatische Belichtungsmessung haben sich in der Makrofotografie noch nicht so richtig durchgesetzt. Zum einen sind diese Features hier nicht immer sinnvoll, zum anderen ist das meiste Makrozubehör aus technischer Sicht schlicht nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Wer beispielsweise sein Objektiv mit einem herkömmlichen Umkehrring vor seine Kamera schraubt, muss wieder fotografieren wie einst der Erfinder der Kleinbildkamera Oskar Barnack.
Offenblendmessung gibt es in der Retrostellung in der Regel nicht mehr, je nach gewählter Arbeitsblende kann es im Sucher dann ganz schön dunkel werden. Mangels Blendenansteuerung funktionieren die meisten Belichtungsautomatiken auch nicht. Es muss alles mühselig von Hand eingestellt werden, Makrofotografie ist eine Disziplin für geduldige Menschen. Im folgenden eine kurze Übersicht, worauf man achten sollte.
a) Schärfentiefe ist ein knappes Gut
Die Schärfentiefe ist bei Nahaufnahmen generell ein leidiges Thema. Selbst wenn man das Objektiv voll abblendet - Makroobjektive haben kleinere Blenden als Normalobjektive - umfasst sie häufig nur wenige Millimeter. Durch ein shiftfähiges Balgengerät kann man die Schärfeebene dank Scheimpflug immerhin weitgehend frei positionieren. Dennoch bleibt es ein schwieriges Unterfangen, ein Fotoobjekt in räumlicher Tiefe scharf durchzuzeichnen. Generell gilt: Je größer der Abbildungsmaßstab, desto geringer die Schärfentiefe.
Beispiel: Ein 180 mm Makroobjektiv ist auf 50 cm fokussiert. Bei dieser Brennweite erreicht das Objektiv in etwa einen Abbildungsmaßstab von 1:1. Bei Blende 22 beginnt die Schärfentiefe bei dem Nahpunkt 49.7cm und endet bei dem Fernpunkt 50.3cm. Sie umfasst also gerade einmal 6 Millimeter, und das gilt wohlgemerkt für die Blende 22. Bei Blende 8 sind es gar nur 2 Millimeter.
Pauschal immer voll abzublenden ist übrigens nicht empfehlenswert. Der Schärfentiefegewinn durch die Abblendung hat unterwünschte Nebenwirkungen. Denn mit zunehmender Blendenschließung nimmt zwar die Schärfentiefe zu, die Bildschärfe nimmt aber durch die Beugung wiederum ab. Es hängt also sehr vom Objektiv bzw. der verwendeten Objektiv-Balgenkombination ab, wieweit man die Blende sinnvollerweise schließen kann. In der allgemeinen Fotografie empfiehlt man daher ein Objektiv nicht weiter abzublenden als unbedingt nötig. Bei mittleren Blenden wie Blende 8 oder Blende 11 erzielen viele Objektive ihre beste Abbildungsleistung.
Im extremen Nahbereich schrumpft die Schärfentiefe weiter, bei starken Vergrößerungen ist sie dann nur noch in Zehntel-Millimetern zu messen. Scharfe Aufnahmen gelingen dann nur noch bei planen Objekten. Für die Makro- und vor allem die Mikrofotografie bedeutete das lange Zeit, dass sehr viele Motive schlicht fotografisch nicht vernünftig zu erfassen waren. Man konnte immer nur einen Teilbereich des Motivs, aber nie das gesamte Motiv sauber fokussieren.
Mit der elektronischen Bildbearbeitung hat man das Problem der geringen Schärfentiefe zwar nicht gelöst, aber immerhin einen Ausweg dafür gefunden. Man macht nicht mehr ein einziges Bild vom Motiv, sondern gleich eine ganze Bildreihe mit verschiedenen Fokuspunkten. Um beispielsweise die Spitze einer Kugelschreibermine formatfüllend scharf abzubilden, benötigt man beim Abbildungsmaßstab 5:1 rund 50 einzelne Aufnahmen. Diese rechnet man mit entsprechender Software - beispielsweise Combine oder Helicon - dann zum endgültigen Bild zusammen.
b) Kunstlicht ist bei Makroaufnahmen meistens erforderlich
Schon in der allgemeinen Fotografie ist das natürliche Umgebungslicht oft nicht ausreichend, die Makrofotografie hat verstärkt damit zu kämpfen. Der Einsatz von Kunstlicht ist regelmäßig erforderlich. Herkömmliche Blitzgeräte stoßen hier schnell an ihre Grenzen, vor allem dann, wenn sie auf dem Blitzschuh der Kamera montiert sind. Es kommt dann zu unerwünschten Abschattungen, weil zwischen Blitz und Fotoobjekt noch Teile des Objektivs Schatten werfen.
Umgehen kann man das entweder durch entfesseltes Blitzen oder spezielle Ringblitze für den Makrobereich. Weil es sehr aufwendig sein kann, im Nahbereich eine ausgewogene Lichtverteilung zu erzeugen, entstehen sehr viele gelungene Makroaufnahmen im Studio. Man braucht viel Zeit und verschiedene Testläufe bis man die optimale Einstellung gefunden hat. In freier Wildbahn, unter Umständen noch mit einem schreckhaften Fotomotiv, ist es sehr schwierig die perfekte Ausleuchtung zu finden.
Die obige Abbildung zeigt das Canon Spezialblitzgerät Macro Twin Lite MT-24EX. Dabei handelt es sich um ein spezielles Doppelblitzgerät für die Makrofotografie mit einem minimalen Blitzabstand von nur ca. 2 cm. Die beiden Reflektoren links und rechts können unterschiedlich stark blitzen und sind beide In Position und Richtung verstellbar. Das Steuergerät des Blitzes wird auf den ganz normalen Blitzzubehörschuh der Kamera aufgesteckt; der vordere Leuchtring wird direkt am Objektiv angebracht.
c) Geringe Objektdistanz bei Makroaufnahmen unvermeidbar
Wer Umkehrringe oder Balgengeräte - ganz zu schweigen von der Kombination derselben - einsetzt, kann sich über große Abbildungsmaßstäbe freuen, sogar Vergrößerungen sind möglich. Allerdings muss man dafür in aller Regel auch dem Fotoobjekt extrem nahe auf die Pelle rücken. Bei der Fotografie lebender Tiere ist das schwierig, selbst die Fluchtdistanz eines Käfers wird dann schnell unterschritten. Eine Zeitlang waren auf Fotoausstellungen regelmäßig Fotos von gefrorenen Insekten zu sehen. Zum einen sehen diese Motive natürlich sehr interessant aus, zum anderen fliegt so ein gefrorener Käfer auch nicht einfach weg, was natürlich praktisch für den Fotografen ist. Inzwischen gibt es diese Art Fotos nicht mehr so häufig. Ob es an der Abnahme der Bodenfröste liegt? Vielleicht hat sich ja auch herumgesprochen, dass es nicht die feine englische Art ist, seine Fotomotive beim Shooting mit Gefrierspray ruhig zu stellen.
Andererseits gibt es auch interessante Fotoobjekte für Makroaufnahmen - wie beispielsweise Giftschlangen - da hätte man als Fotograf von sich aus gerne etwas mehr Sicherheitsabstand. Mit einem Makro-Tele ist das am besten zu erreichen. Makro-Teleobjektive sind Makroobjektive mit einer längeren Brennweite als 50 mm. Gängig sind beispielsweise die Brennweiten 105 mm, 150 mm oder 180 mm. Aber auch hier ist die absolute Entfernung zwischen Fotoobjekt und Kamera bei großen Abbildungsmaßstäben immer noch recht gering.
Interessant für den diesbezüglichen Vergleich verschiedener Objektivarten wäre insbesondere der Abstand zwischen Frontlinse und Fotoobjekt. Leider wird dieser Wert von den Herstellern durch die Bank nicht angegeben. In den Datenblättern findet man nur Angaben zur Naheinstellgrenze oder Nahgrenze. Diese Werte täuschen jedoch eine größere Entfernung zwischen Motiv und Kamera vor, als tatsächlich vorhanden ist. Die Nahgrenze ist nämlich der Abstand zwischen Motiv und Filmebene in der Kamera. Um hieraus den Abstand zwischen Frontlinse und Fotoobjekt zu ermitteln, muss man von der Nahgrenze das Auflagemaß des Kameragehäuses und die Objektivlänge bei voll ausgefahrenem Tubus abziehen. Von der nominellen Nahgrenze von 31,3 Zentimetern des Sigma 105mm F2,8 EX DG MAKRO bleibt dann gerade einmal ein echter Motivabstand (=Entfernung Frontlinse zu Fotomotiv) von kümmerlichen 12 Zentimetern übrig.
Hersteller |
Objektivbezeichnung |
Naheinstellgrenze bei 1:1 |
Sigma |
50mm F2,8 EX DG MAKRO |
18,9 cm |
Sigma |
105mm F2,8 EX DG MAKRO |
31,3 cm |
Sigma |
180mm F3,5 EX DG HSM MAKRO |
46,0 cm |
Wie aus der Tabelle ersichtlich, steigt die Naheinstellgrenze bei zunehmender Brennweite der Objektive an. Der Motivabstand, also die Entfernung zwischen Frontlinse und Fotomotiv steigt aber nicht im gleichen Maße, da Teleobjektive natürlich auch länger bauen als Normalobjektive.
d) Verwackler vermeiden durch den Einsatz eines Statives
Ein solides Stativ ist bei der Makrofotografie Pflicht und zwar nicht nur, um die Kamera beim Fotografieren sicher positionieren zu können. Um die Kamera während der Aufnahme ruhig zu halten sind zweierlei Dinge wichtig: Erstens sollte man die Aufnahme mit dem Fernauslöser auslösen. Wenn man - wie bei normalen Abbildungsmaßstäben üblich - einfach auf den Auslöser drückt, bringt man Unruhe in das System, was die Wahrscheinlichkeit von Verwacklern erhöht.
Außerdem sorgt die Kamera selbst während der Aufnahme für unerwünschte Vibrationen, die je nach der verwendeten Ausrüstung zu Verwacklern führen können. Bei Spiegelreflexkameras klappt vor der Aufnahme der Schwingspiegel nach oben, erst dann öffnet sich der Verschluss. Zu diesem Zeitpunkt hat der Schwingspiegel aber schon Vibrationen verursacht, die zu einer Verwacklung führen können. Bessere SLR-Kameras bieten daher die Möglichkeit der Spiegelvorauslösung. Der Spiegel wird vor der Aufnahme hochgeklappt und erst wenn sich das System beruhigt hat, wird die Aufnahme ausgelöst.
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Autor: Sascha Steinhoff
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